Polizeibesuch

Veröffentlicht am 12. Dezember 2024 um 20:27

Nachdem wir die Nacht auf einem ruhigen Naturparkplatz in der Nähe von Monteriggioni verbracht hatten, zogen wir weiter nach Castelvecchio. Es handelt sich dabei um ein verborgenes Dorf, das oft als mystisch und geheimnisvoll beschrieben wird und zu dem man vom Waldparkplatz aus erst ein Stück durch den Wald gehen muss. Das Dorf befindet sich unweit San Gimignano - der letzte toskanische Ort, den wir uns am Folgetag noch ansehen wollten. Da wir auf dem Weg noch einen Stopp bei einer Wäscherei einlegten, kostete es uns leider das Tageslicht und so kamen wir erst im Dunkeln auf dem Waldparkplatz vor Castelvecchio an. Der Park4Night Parkplatz lag etwas versteckt hinter ein paar Büschen, war aber nur über eine etwas steilere, unebene Zufahrt zu erreichen. Da wir nicht aufsetzen wollten, stellten wir uns einfach kurz davor in eine Nische am Rande des Waldweges. 

Die offizielle Waldstraße endete hier und so sollten wir hier sicher keinen stören, abgesehen davon, dass vermutlich eh niemand mehr vorbeikommen würde. Wir beschlossen das Dorf erst am nächsten Morgen zu besuchen, da wir dabei gerne Tageslicht hätten. Bei einem kurzen Abendgassi hatte Benji nichts besseres zu tun als sich mal wieder in einem frischen Tierkot zu wälzen. Dieses Mal vermuteten wir, dass es sich dabei um den Kot eines Wildtieres handelte. Zumindest stank es nicht so stark wie der Kuhdung, in dem sich Benji zuletzt gewälzt hatte. Gut, dass wir inzwischen ein mildes Hundeshampoo gekauft und es damit leichter hatten, Benji mit der Akkudusche zu waschen. Natürlich gefiel dies dem Kleinen nicht, doch da musste er durch. Wir hoffen er lernt irgendwann einmal daraus und hört auf sich ständig neu parfümieren zu wollen.

Als wir uns danach leckere Lachs-Spinat-Nudeln kochten, bekamen wir doch noch Besuch. Es war bereits zwanzig Uhr durch und wir dachten erst es wäre ein Camper. Christoph, der gerade mit Benji vom letzten Gassigang zurückkam, erkannte kurz darauf was sich uns da näherte  - es war ein Polizeiauto. Bei heruntergekurbeltem Fenster fragte einer der zwei Polizeibeamten was wir hier tun würden. Christoph erklärte ihnen, dass wir am nächsten Morgen vor hatten Castelvecchio zu besuchen und deshalb hier übernachten wollten. Der andere Beamte wollte schon ansetzen etwas zu sagen und wurde nach seinen ersten beiden Worten "In Italy..." von seinem Kollegen unterbrochen. Die beiden wechselten ein paar Worte auf italienisch und fuhren dann einfach wortlos mit heulendem Motor davon, weiter über den Waldweg mit dem Einfahrtsverbotsschild, in den Wald hinein. Das Motorgeräusch war noch lange zu hören, bis es schließlich verebbte. Etwas irritiert waren wir schon. Bedeutete das nun wir durften hier bleiben oder nicht?
Einige Minuten später kamen sie wieder zurück und Christoph schaute, dass er sie schnell abfing. Er wollte nochmal explizit nachfragen, ob es denn in Ordnung wäre, wenn wir hier blieben. Die Beamten nickten auf die Frage hin und starrten dabei wie gebannt auf unseren Hänger, den sie beim ersten Mal vermutlich nicht aktiv wahrgenommen hatten. Danach parkten sie gegenüber von uns und nahmen eine Elektroanlage, die sich uns gegenüber hinter einem Tor befand, unter die Lupe. Danach fuhren sie wieder. Erleichtert atmeten wir auf und konnten mit gutem Gewissen unser Abendessen genießen. Es war tatsächlich unser erster Polizeikontakt auf der ganzen Reise gewesen. Glücklicherweise ging auch dieser ohne ein Bußgeld aus. Wildcampen kann schließlich auch ein Bußgeld mit sich bringen, wenn man an die falschen Polizisten gerät, so wie wir jetzt wissen. Die Nacht war sehr ruhig und einsam. Trotz des Waldes um uns herum, trafen wir keine Wildschweine oder Rehe. Aufgrund des Kots in dem Benji sich zuvor gewälzt hatte, hätten wir allerdings fast schon damit gerechnet.

Leider regnete und windete es am nächsten Morgen. Dennoch beschlossen wir nach Castelvecchio zu gehen. Das Dorf soll einst von Menschen gegründet worden sein, die vor Konflikten oder Verfolgungen in anderen Regionen zu entfliehen versuchten. Die Abgeschiedenheit dort hat eine eigene Kultur und Lebensweise entstehen lassen. Das Dorf befand sich früher genau auf einer Regionsgrenze und war deshalb ein wichtiges Handelszentrum. Später verschob sich die Grenze um wenige Kilometer und brachte das Dorf somit um seine Relevanz. Die Menschen zogen nach und nach weg und es blieb ein Dorf, das schon lange Zeit nicht mehr bewohnt ist und das sich der Wald zurückgeholt hat.

Zunächst gingen wir die Waldstraße entlang, die die Polizisten am Vorabend entlang gefahren waren. An einer Stelle konnte man auf der gegenüberliegenden Bergseite bereits einen ersten Blick auf Teile zweier Gebäude aus Stein, die zu Castelvecchio gehören mussten, erhaschen. Nach einiger Zeit traf man auf ein Weingut, das auch Fremdenzimmer mit anbot. Daraus leiteten wir ab, dass das Verbotsschild am Eingang der Straße, vermutlich nichts anderes als "Anlieger frei" bedeuten musste. Am Weingut vorbei gabelte sich der Weg und einer davon führte laut Wegweiser zu unserem Ziel. Ein großes Hinweisschild daneben wies darauf hin, dass aktuell aktive archäologische Ausgrabungsarbeiten dort stattfinden würden und man deshalb nur mit einem gebuchten Guide dorthin gehen durfte. Diese Info war im Internet nirgends zu finden gewesen und dementsprechend ärgerlich fanden wir das nun. Auf der anderen Seite wussten wir auch nicht von wann das Schild war, denn es stand kein Datum darauf. Deshalb gingen wir zunächst mal weiter, immer dem Wegweiser nach. Der Weg führte durch einen hübschen herbstlichen Wald den Berg hinunter und durch eine Senke auf der anderen Seite wieder hinauf. Dabei kreuzten wir die alte römische Zufahrtsstraße zum Ort, die inzwischen fast gänzlich zerstört ist. Tiefhängende Stromkabel schaukelten zeitweise über uns im Wind, was uns ein wenig gruseln ließ. Da wir auf unserer kleinen Wanderung wieder einmal keine Menschenseele trafen, kam eine richtige Endzeitstimmung auf. Kurz vor unserem Ziel standen wir, fast schon wie zu erwarten, vor einer Absperrung. Das selbe Schild wie an der Weggabelung zuvor, hang hier daneben. So dreist einfach über die Absperrung zu steigen, waren wir dann doch nicht und drehten schließlich doch um. Scheinbar war die Information recht aktuell und es stimmte, dass hier gerade noch ausgegraben wurde. Etwas enttäuscht waren wir schon Castelvecchio nun nicht sehen zu können, dafür war aber wenigstens die kleine Wanderung ganz schön gewesen.      

Zurück am Bulli zogen wir weiter nach San Gimignano - dem Finale unserer Italienreise. Außerhalb der Altstadt konnten wir an den Sportplätzen parken und in nur 20 Minuten ins Zentrum laufen. Benji nahmen wir dieses Mal auch mit. Auch in San Gimignano gab es gut erhaltene Türme aus dem Mittelalter. Diese konnte man von vielen Stellen der Altstadt aus sehen. Auf dem Plaza della Cisterna gönnten wir uns in der bekanntesten Eisdiele der Welt - Dondoli - erstmal ein geniales Eis. Zwar bezahlten wir 13 € für sieben Kugeln, den Preis war es jedoch allemal wert. Die Kugeln waren recht groß und das Eis schmeckte klasse. Klare Empfehlung an dieser Stelle.
Tipp: Besser außerhalb der Saison herkommen, damit man  nicht anstehen muss. Wir warteten keine fünf Minuten bis wir dran kamen. In der Saison kann es durchaus passieren, dass man stundenlang an der Schlange stehen muss und das obwohl in der kleinen Eisdiele vier Verkäufer gleichzeitig bedienen.

Im Gegensatz zu vielen toskanischen Orten, in denen wir die letzten zwei Wochen waren, war in San Gimignano deutlich mehr los. Unser Kleiner kämpfte deshalb wieder etwas mit der Angst, aufgrund der Hektik und den Fensterscheiben der vielen Feinkostgeschäfte, die alle noch geöffnet hatten. Wir hielten uns deshalb nicht allzu lange in den engen Gassen der Altstadt auf und kehrten recht früh in ein kleines italienisches Restaurant ein. Zudem es auch langsam dunkel, frisch und immer windiger wurde. Im "La Bottega" waren wir bislang die einzigen Gäste. Als wir hereinkamen lag eine Katze auf einem der Stühle und blieb dort sogar liegen, als wir mit Benji an ihr vorbeiliefen. Der Kleine schien sie gar nicht zu bemerken, so abgelenkt war er von der neuen Umgebung. Wir probierten eine toskanische Spezialität - Pici Nudeln. Die dicken Nudeln aus Hartweizengrieß erinnern an extra dicke Spaghetti und werden klassisch zusammen mit einem Rinder Ragu gegessen, was echt köstlich schmeckt. Zum Teil werden die Nudeln auch mit einem Wild Ragu angeboten. Auch die Lasagne, die wir als zweites Hauptgericht bestellten, war gut. Die Weine hingegen hauten uns nicht vom Hocker, dazu hatten wir die letzten Tage schon deutlich bessere Tropfen getrunken. Das Tiramisu zum Abschluss rundete unseren Italienurlaub dann noch vollends ab. Gegen Ende waren noch andere Gäste gekommen und der kleine Raum war fast voll. Dabei fiel uns auf, dass die meisten Gäste Einheimische zu sein schienen. Das sprach definitiv für das kleine Restaurant. Das Kätzchen musste zwischendurch auf einen anderen Stuhl umziehen und wurde dort endlich von Benji registriert. Faszinierenderweise blieb dieser trotzdem ruhig und schaute nur interessiert zu der Katze hinüber. Auch als wir gingen und er nahe an ihr vorbeigehen musste, bellte er nicht. Diese Erkenntnis nutzte uns viel, denn zuhause gab es auch Katzen in der Familie und unser Wunsch war es, dass wir Benji dennoch bei Familienbesuchen mitbringen konnten. 

Nach diesem gelungenen letzten italienischen Abend gingen wir zurück zum Bulli und suchten uns etwas außerhalb des Ortes einen Schlafplatz, der wieder einmal auf einem Parkplatz am Waldrand lag. In Wäldern schlief man einfach am besten, so unser Fazit nach 324 Tagen Reise mit dem Bulli durch Europa.


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